Seit Dienstag habe ich ein neues Fliegermantra: Die Bäume sind deine Freunde, die Bäume sind deine Freunde, die Bäume sind deine Freunde...

Hintergrund ist ein Flugunfall, den ich am Dienstag am Bausenberg mit ansehen musste. Der Wind stand kräftig aber fliegbar aus Süd bis Südost an, als ein mit dem Bausenberg durchaus vertrauter Pilot sich startbereit machte. Beim ersten Aufziehen dreht sich die Kappe seitlich - ein Hinweis auf den deutlichen Osteinschlag des Windes. Beim zweiten Aufziehen steht die Kappe wieder sauber über dem Piloten, wenn auch wieder nach Südost gerichtet. Der Pilot macht seinen Startlauf schräg über den Startplazt, gegen den Wind. Doch irgendwie trägt es nicht richtig.

Anstatt abzubrechen, beschleunigt er weiter, um die Abhebegeschwindigkeit zu erreichen. Auf halber Höhe vom Starthang kommt er endlich in die Luft, kassiert aber, wahrscheinlich schon im Lee der seitlichen Bäume, sogleich einen massiven Klapper. Die ganze linke Seite ist weg, der Gleitschirm dreht ein wenig ab und schnalzt sofort wieder auf. Jetzt fliegt der Pilot in geringer Höhe direkt auf die Bäume zu. Doch der Schirm steigt, fast sieht es so aus, als könnte es noch über die Bäume reichen oder ein direkter Flug in die Baumkronen werden. Da reißt der Pilot, wohl im Reflex vor der "Wand aus Bäumen" den Flügel noch einmal nach links zum Hang hin. "Ich dachte, ich komme herum und kann dann wieder schräg zum Hang einlanden", sagt er später. Doch dafür bleibt gar kein Platz und keine Zeit. Die Strömung auf der tief angebremsten Seite reißt ab, der Pilot stürzt in der Drehbewegung aus vielleicht drei bis vier Meter Höhe in den steilen Hang, nur zwei Meter von der Baumreihe entfernt.

Neben mir ist noch Saskia als Pilotin am Bausenberg, zudem ein paar Zuschauer. Wir steigen den Starthang hinab und reden dem Piloten zu, erst einmal liegen zu bleiben. Doch das funktioniert nur halbwegs. Bald schon richtet er sich auf, bewegt die verschiedenen Teile seines Körpers und meint, es sei wohl alles ok. Er geht sogar zu Fuß den Hang wieder hinauf, bittet uns nur seinen Schirm zu tragen. Oben legt er sich auf den Boden um ein wenig auszuspannen. Nach Absprache ziehe ich los, um ein Auto zu holen, um ihn ins nächste Krankenhaus zum Check zu fahren.

Als ich mit dem Auto oben ankomme, hat sich die Lage gewandelt. Der verunfallte Pilot klagt jetzt über deutliche Schmerzen im Rücken. Jürgen, ein Lokalpilot, ist mittlerweile auch am Startplatz eingetroffen. Wir rufen sofort den Notarzt an. Zehn Minuten später sind Polizei und Rettungswagen am Startplatz. Der Crashpilot wird geborgen und nach Bad Neuenahr ins Krankenhaus gefahren. Dort ergibt die erste Röntgenanalyse: Ein Lendenwirbel ist gebrochen. Der Genesungsprozess wird wohl einige Monate dauern.

Für mich stehen nach diesem Erlebnis drei Lehren fett im Fliegerverhaltensstammbuch:
  1. Man sollte sich nie auf die Einschätzungen eines Verunfallten verlassen, sondern bei einem solchen Absturz sicherheitshalber immer und immer sofort den Notarzt rufen.
  2. Auch in einer breiten Startschneise wie beim Bausenberg darf man das Lee bei Seitenwind nicht unterschätzen.
  3. Man muss sich selbst immer wieder einbläuen, dass Bäume dem Piloten bei einem unweigerlichen Absturz ein willkommenes Hindernis sind, weil sie den Sturz abfedern können. Das steht zwar so auch in jedem Lehrbuch, doch man muss es sich wohl dennoch vor jedem Flug wieder tief ins Unterbewußtsein schreiben: Die Bäume sind deine Freunde, die Bäume sind deine Freunde, die Bäume sind deine Freunde...
PS: Der Name des verunfallten Piloten ist mir bekannt, ich habe ihn aber bewusst aus dem Bericht heraus gelassen. Mir geht es nicht darum, ein Einzelschicksal zu schildern, sondern aus der Unfallsituation, die jedem hätte passieren können, wichtige Lehren zu ziehen.