Im Nachklang auf meinem vorigen Post zum Testival der Starkwindsoarer (schnelle Kleinschirme) habe ich einige Zuschriften und Proteste bekommen. Warum? Weil mein Post den Eindruck erweckt, als wären alle Kleinschirme deutlich schneller und damit riskanter als übliche Gleitschirme. Doch hier muss man wohl stärker differenzieren. Denn die Kleinschirme bilden keine homogene Klasse, wie sie bei den "klassischen" Gleitschirmen nach EN-Norm anzutreffen ist. Jeder Hersteller verfolgt eine andere Philosophie. Da gibt es Schirme für den schnellen Abgleiter oder "echtes" Starkwindsoaring, bei Windgeschwindigkeiten von deutlich über 40 kmh (z.B. Swing XPress). Und es gibt Schirme, die als Allrounder designt sind und sich mit ein paar Einschränkungen sogar zum Thermik- und Streckenfliegen eignen sollen wie z.b der Ibex von Nova oder Spiruline von Little Cloud. Letzterer ist im Trimm angeblich nicht schneller als ein "großer" Gleitschirm. In Frankreich ist er sogar zur Schulung zugelassen.

Das Interessante an diesem Konzept ist die Kombination von kleinerer Kappe, aber auch deutlich kürzeren Leinen. Der Leistungsverlust der Kappe wird durch den reduzierten Leinenwiderstand zum Teil wieder wettgemacht. Die kleine Kappe und kurze Leinen sorgen auch dafür, dass Störungen wie Klapper zwar mit Höhenverlust, aber keinem deutlichen Abdrehen einhergehen. In der Steilspirale erreichen diese Schirme hohe Sinkwerte, allerdings bleiben die G-Belastungen für den Piloten im Vergleich zu "Langleinern" eher gering. Allein das schnelle Abtauchen führt allerdings schon dazu, dass diese Schirme, trotz ansonsten harmlosen Reaktionen, nach aktueller EN-Norm niemals ein A oder B bekommen würden.

Noch mehr Interessantes zum Thema Starkwindsoaring hat der Autor des Testivals, Fritz Dorninger, auch im Gleitschirmdrachenforum geschrieben. Wichtige Erkenntnis: Kleine schnelle Schirme benötigen nicht nur viel Wind zum Soaren, sondern dann auch eine ausreichend hohe Kante. Denn die Kappen brauchen die Geschwindigkeit, um genügend Auftrieb zu entwickeln. Die Geschwindigkeit holen sie sich nach dem Start durchs Abtauchen. An kleineren Kanten kann das aber bedeuten, dass man schon wieder am Boden steht, bevor die Kappe "tragend" ins Soaringband gelangt ist. Fazit: Man muss nicht nur Schirm- und Windgeschwindigkeit in der Auswahl berücksichtigen, sondern auch die zur Verfügung stehenden Gelände...