Ein noch verhältnismäßig "entspannter" Tag
am Dreiser Weiher.
Der Dreiser Weiher in der Eifel hat sich in diesem Frühjahr zu einem Unfallschwerpunkt entwickelt. Gebrochenes Handgelenk, gebrochene Wirbel, gebrochenes Bein, Zusammenstoß in der Luft... Das ist die (mir bekannte) Unfallbilanz allein der vergangenen 3 Wochen. Gefährliche Szenen mit glimpflichem Ausgang gab es aber noch einige mehr.

Was macht das Fliegen in Dreis nun so riskant? Hierfür gibt es m.E. mehrere Faktoren:

1. Überfüllung
Der Dreiser Weiher hat sich in den vergangenen Jahren vom Geheimtipp zum Place-to-be bei Nordwind in der Eifel entwickelt. An einem Wochenende mit vielversprechenden Bedingungen kommen schnell über 40 Piloten an dem Startplatz zusammen. Das führt zu einer enormen Tuchdichte vor dem Startplatz, zumal dieser breit genug ist, dass sechs Schirme gleichzeitig aufziehen können, während dahinter schon die nächste Phalanx in den Startlöchern steht. Es ist nichts Ungewöhnliches, wenn bei pulsierender Thermik sich innerhalb einer Minute mehr als 10 Piloten in eine Ablösung schwingen und dann an dem eher niedrigen Hang den Aufwind zu erhaschen suchen. Geht es nicht sofort hoch hinaus, drehen die ersten bald zur Landung ein, wobei das Landefeld direkt unterhalb des Startplatzes liegt. Startende und landende Piloten fliegen sich dann zwangsläufig entgegen. Viel Platz zum Ausweichen bleibt da nicht. Diese Situation hat sich noch verschärft, seitdem die frühere Hauptlandewiese, die etwas weiter vor dem Hang lag, zum Acker umgebrochen wurde.

2. Hohe thermische Aktivität
Der Dreiser Weiher ist zwar ein Nordhang, doch er weist eine erstaunlich hohe thermische Aktivität auf. Das hat auch damit zu tun, dass vor dem Hang das verlandete Maar als Senke eine hervorragende Sammelstelle der sich vom Boden her aufheizenden Luft darstellt. Vom Wind wird diese warme Luft langsam bergauf geschoben, erhitzt sich weiter, bis sie am steileren Hang dann ablöst. Obwohl der Starthang von Dreis gerade einem 30 Meter Höhendifferenz aufweist, bilden sich so erstaunlich voluminöse und kräftige Thermikblasen und -schläuche. Gerade jetzt im Frühjahr mit den starken Temperaturdifferenzen können diese Thermiken aber auch sehr turbulent daher kommen. "Gemütliches" Fliegen im Soaringmodus am Hang erfordert häufig blitzschnelles Umschalten auf aktives Thermikfliegen. Aufsteigende Blasen drücken die Flieger aus der geplanten Flugbahn, auch muss man mit boden- bzw. baumnahen Klappern rechnen. Bei hoher Tuchdichte mit den nötigen Ausweichmanövern ergibt sich schnell ein sehr chaotisches, unberechenbares Flugbild vor dem Hang.

3. Pulsierende Thermik
Der Dreiser Weiher hat typischerweise eine pulsierende Thermik. Besonders deutlich bekommt man das an schwachwindigen Tagen vor Augen geführt. Die Piloten stehen startbereit herum und warten auf die nächste Ablösung. Sobald diese aufgebraust ist, reißen die Flieger ihre Schirme hoch und trippeln gegen den dann in der Kompressionszone sehr starken Startwind in die Luft. Die guten Phasen dauern aber nicht lange an, weshalb die Piloten in kürzester Folge hintereinander rausstarten. Entsprechend hoch ist dann gleich die Tuchdichte in der Luft. Und außerhalb der Thermikblase geht es gleich vehement abwärts. Das kann auch harte Rückenwindlandungen bedeuten.

4. Starkwindgebiet
Zum Fliegen am Dreiser Weiher braucht man starken Wind oder eine entsprechend starke Thermik, die in Ablösungen für entsprechend starken Startwind sorgt. Viele Piloten kommen bei diesen Bedingungen schnell an die Grenzen ihrer Groundhandling-Fähigkeiten. Mit vielen Piloten am Start gibt es dann immer wieder sehr riskante Situationen. Piloten werden von ihren Schirmen ausgehebelt und nach hinten gerissen. Sie schlittern, rennen, hüpfen über die dort auch schon liegenden Schirme, verhängen sich in den Leinen, während ihre Schirme über andere dort stehende Piloten fallen, die sich dann ebenfalls aus dem Netz der Fangleinen befreien müssen. Diese Praxis birgt ein hohes Risiko. Gerissene Leinen und kaputtgetretene Schirme sind das eine. Das andere sind dünne scharfe Leinen, die von einem windgezerrten Gleitschirm an den Menschen vorbeigerissen werden. Ein Unfall mit gefährlichen Leinenschnitten habe ich in Dreis zwar noch nicht erlebt, aber das latente Risiko ist immer da.


Eine einfache Lösung für diese Problematik sehe ich leider nicht. Vor allem ist mehr Verantwortung für sich und die anderen ist gefragt. Jeder Pilot sollte zumindest selbstkritisch für sich analysieren: Habe ich an einem überfüllten Schwachwindtag am Dreiser Weiher tatsächlich noch Spaß am Fliegen oder überwiegt der Stress? Reichen meine Groundhandlingfähigkeiten aus, den Schirm bei Starkwind so zu kontrollieren, dass ich mich und andere nicht gefährde (die sichere Kontrolle des Schirms über die C/D-Ebene ist hierfür ein guter Anhaltspunkt)?