Ozone garantiert die Konformität. // Quelle: Facebook
Die Diskussionen um die verlängerte Hinterkante der Ozone Enzo 2 beim PWC Superfinale und die Folgen dieses möglichen "Enzogate"-Skandals reißen nicht ab. Zwar haben Ozone-Vertreter wie Luc Armant und Russel Ogden vor Ort versucht, mit einem öffentlichen Aushang beim PWC Vertrauen zurück zu gewinnen. Darin garantieren sie die Konformität der Enzo 2 beim Superfinale mit dem bei Air Turquoise eingelagerten Muster (s. Foto). Doch auch das lässt noch Interpretationsspielraum. Jetzt lautet die Frage: Wie konform ist konform? Denn konform heißt nicht unbedingt identisch.

In Sachen Konformität lässt die Praxis der Zulassungsstellen bei der EN-Zertifizierung den Herstellern einen erstaunlichen Interpretationsspielraum. Ein Gleitschirmkonstrukteur und Insider der Szene, der namentlich nicht genannt werden will, erklärte gegenüber lu-glidz die praktizierte Lage so:

"Eine Firma XY durchläuft mit einem Muster das Zulassungsverfahren und besteht dieses. Diese eine Firma findet durch interne Prüfung heraus, dass dieses Muster auch mit Fertigungstoleranzen von +/- X%  vom Flugverhalten als auch von den anderen geprüften Eigenschaften her genau dem Muster entspricht, welches von externer Seite geprüft wurde. Somit ist auch dieses Muster mit +- X% Toleranz im Sinne des Zulassungsverfahrens zugelassen. Dieser Umstand wird erst interessant, wenn die interne Prüfung der Firma XY einer externen Prüfung der Zulassungsstelle, welche das Muster geprüft hat, nicht standhält."

Anders gesagt: Im Gleitschirmgeschäft gibt es nach der Zertifizierung einen Graubereich, in dem die Hersteller (nicht nur Ozone) die Konformität ihrer Toleranzen selbst einschätzen (können). Wenn also in diesem Fall die Ozone-Designer überzeugt davon sind, dass ihr baulich nur minimal veränderter Enzo 2 innerhalb der Toleranzen bleibt, also in den EN-Flugtests ganz ähnlich abschneidet und insgesamt immer noch ein EN-D bekommen würde, dürften sie den Schirm gemäß dieser Praxis also als zugelassen betrachten und sich im Recht fühlen. Zumindest so lange, wie ihnen nicht jemand per Nachprüfung das Gegenteil beweist.

Das Problem ist also, dass bisher nirgends festgelegt ist, wie groß Toleranzen im Sinne der Konformität sein dürfen und ab wann es sich schon um ein neues Schirmmodell handelt, das eine neue Zulassung erfordert. Ohne solche feste Regeln wird die Praxis dehnbar.

Allerdings stellt sich die Frage, ob Ozone im Fall des Enzo 2 zumindest moralisch den Bogen nicht überspannt hat. Eine 40 Zentimeter längere Hinterkante ist schon eine Hausnummer, die normalerweise in etwa den Längenunterschieden zwischen zwei Schirmgrößen entspricht. Um die zu realisieren, muss nicht nur die Hinterkante etwas anders abgenäht werden, sondern der ganze Schirm benötigt eine Anpassung auch interner Strukturen (Spannbänder etc.), um eine homogene Spannung zu behalten. Das erklärt, warum Ozone von zwei Bauplänen des Schirmes spricht.

Moralisch ist es fragwürdig, wenn ein Hersteller einen Schirm zulässt und dann im Graubereich der Toleranzen und angeblicher Konformität mit Augen zu und durch diesen Schirm noch einem leichten Tuning unterwirft. Ohne Leistungseffekte hätte sich Ozone wohl kaum auf dieses Abenteuer eingelassen. 

Im Paraglidingforum erklärt der britische Aerodynamiker und Wettkampfflieger Adrian Thomas, dass eine längere Hinterkante dazu beitragen kann, dass der Schirm eine höhere Geschwindigkeit erreicht und dabei besser gleitet. Beides sind Effekte, die vor allem im Wettkampf eine entscheidende Rolle spielen.

Wer solche Auswüchse verhindern will, muss genaue Regeln definieren. Im Regelvorschlag für die geplante Competition Class, die ab 2015 eingeführt werden soll, ist eine Toleranz der Schirmmaße von +/- 0,5 Prozent vorgesehen. Nähme man das jetzt schon als Maßstab, wäre Ozone eindeutig zu weit gegangen.