Djordje Prokic überfliegt den Rhein auf dem Weg vom Schwarzwald in die Vogesen. // Fotos (3): D.Prokic
Es gibt Flüge, über die spricht die ganze Szene, weil sie mit weit über 200 oder sogar 300 km in den Ranglisten der Online-Contests stehen. Doch es gibt andere Flüge, die, wenn auch mit deutlich weniger Strecke, nicht minder spektakulär daher kommen. Es sind Leistungen, die den Punkten nach nur in den mittleren Rängen landen, die aber teilweise von einer noch größeren Flugpassion und guter Vorplanung zeugen, als so manches 200er FAI-Dreieck auf den Rennstrecken der Alpen.

Ein solcher Flug gelang am vergangenen Sonntag dem 31-jährigen Serben Djordje Prokic. Er flog mit einem Axis Mercury von Oppenau im Schwarzwald aus quer über das Rheintal bis in die Vogesen. Es ist die erste erfolgreiche Rheintalquerung mit Anschluss zum nächsten Gebirgszug am Oberrhein. Im Interview mit lu-glidz erzählt Djordje von der Vorgeschichte und den Schwierigkeiten des Fluges.

Djordje, wie lange im voraus hast Du diesen Flug geplant?
Ich bin vor 4 Jahren nach Straßburg gezogen und habe dann begonnen, die umliegenden Fluggelände zu befliegen. Mein erster Flug war in Oppenau im Schwarzwald. Als ich wenig später mal in den Vogesen flog, kam bei mir der Wunsch auf, beide Gebirge mit einem weiten Sprung über die Rheinebene miteinander zu verbinden. Ich habe dann rumgefragt und die Online-Contest-Datenbanken durchsucht, konnte aber keinen Hinweis darauf finden, dass das schon jemals jemand geschafft hätte.

Und war das jetzt dein erster Versuch?
Nein. Anfangs hatte ich die Idee - das war vor rund drei Jahren - von den Vogesen aus in den Schwarzwald zu fliegen, also von West nach Ost. Es gab einen deutschen Piloten, der schon mal am Treh in den Vogesen gestartet war und es dann auch über den Rhein schaffte. Allerdings kam er nur bis an den Fuß des Schwarzwalds. Ich selbst habe das im vergangenen Jahr auch geschafft, landete aber ebenso in Freiburg knapp vor den Bergen. Ich hatte aber stets auch eine Möglichkeit gesehen, bei Nordostwind von Oppenau aus in entgegen gesetzter Richtung in die Vogesen zu fliegen. Das plane und probiere ich jetzt schon seit zwei Jahren. Es gab drei erfolglose Versuche. Jetzt habe ich es es endlich geschafft!

Djordje beim Abflug aus dem Schwarzwald ins Rheintal.
Hast Du denn damit gerechnet, dass Du dieses Mal den Sprung über den Rhein nach Frankreich schaffen könntest?
Ja und nein. Meine früheren Versuche schlugen alle fehl, weil der Wind im Rheintal immer die Richtung ändert, und zwar von Nordost auf Nord oder sogar Nordwest. Das hat mit der Thermik im Schwarzwald zu tun. Wenn die erwärmte Luft über den Bergen aufsteigt, wird die Luft aus der Rheinebene nachgesaugt. Ich wusste, wenn ich es einmal über den Rhein schaffen könnte, dass dann meine Chancen drastisch steigen würden. Denn dann könnte ich wieder mit dem Wind in die Vogesen fliegen. Der schwierigste Part war auch tatsächlich der Abschnitt zwischen Lahr und kurz nach dem Überflug des Rheins.

Auf der Route muss man einige Luftraumbeschränkungen beachten. Wie hast Du diese Problemzonen umschifft?
Vor ein paar Jahren wäre dieses Projekt noch gar nicht möglich gewesen. Da war der Luftraum um Colmar noch gesperrt wegen einer Militärbasis. Seit der Militärflughafen geschlossen wurde, gibt es jetzt aber einen Korridor zwischen Selestat und Basel, der es einem ermöglicht die Rheinebene zu kreuzen, solange man unter 1890 Meter bleibt. Ein weiterer zu beachtender Luftraum ist der über Lahr. Man kann drüber fliegen, wenn man mindestens 1000 Meter hoch fliegt, oder drum herum. Ich habe die zweite Lösung gewählt, denn in der Rheinebene waren die thermischen Bedingungen sehr schlecht. Die Thermik reichte höchstens bis auf 1300 Meter.

Djordje Prokic (r.) mit versprochenem Landebier in Urbes.
Jetzt bist Du offenbar der Erste, der den Rheinsprung vom Schwarzwald bis in die Vogesen geschafft hat. Bist Du stolz auf diese Leistung?
Da ich es liebe, im Schwarzwald und den Vogesen zu fliegen, bedeutet es mir sehr viel, mit diesem Flug auch die deutsche und französische Gleitschirm-Community symbolisch zu verbinden. Außerdem ist es ein wirklich anspruchsvoller Flug, wenn man nicht wirklich perfekte Bedingungen hat. Wie man anhand des Tracklogs erkennen kann, flog ich nach dem Startbart, der bis 1600 Meter reichte, die nächsten dreieinhalb Stunden nur noch in einem Höhenband zwischen 700 und 1300 Meter. Das war sehr niedrig, zudem war die Thermik durch Windscherungen sehr zerrissen. Dass ich diese Schwierigkeiten gemeistert habe, hat mir aber am Ende mehr gegeben als jeder andere Flug zuvor. Vor allem, da ich mir damit einen Traum erfüllt habe und ein Freund mir ein Bier versprochen hatte, wenn ich am Abend in Urbes landen würde - das ich dann auch bekam.

Welche besonderen Herausforderung musstest Du sonst noch meistern an diesem Tag?
Den Start. Der Oststart von Oppenau ist normalerweise ein sehr guter Startplatz. Man kann dort viel früher in die Thermik einsteigen als an anderen Startplätzen der Region. Die Wettervorhersage zeigte eine leichte Nordost-Strömung. Allerdings blies der Wind, als ich am Startplatz ankam, aus Nordwest. Ich musste dann, in voller Montur, mehr als 20 Minuten ausharren, bis ich in dieser einen Minute, in der der Wind während einer thermischen Ablösung gut anstand, rausstarten konnte. Immerhin habe ich dann die Thermik gleich gefunden und konnte in Richtung meines Traumziels losfliegen.

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