Swing experimentiert weiter mit Schottwänden zur Versteifung der hinteren Flügelteile von Gleitschirmen. RAST 2.0 soll vor allem in turbulenter Luft die Leistung erhöhen.

RAST 2.0: Eine Schottwand mit Rückschlagventilen aus Stoff.
Die Ventile schließen, wenn der Pilot ruckartig an den Bremsen
zieht und durch die so erzeugte Druckwelle den Ventilstoff
an Ober- und Untersegel drückt. // Quelle: Swing
RAST steht für Ram Air Section Technology und beschreibt eine Bauweise, bei der die Zellen der Schirme im Inneren durch Querwände aus Stoff in zwei Staudruck-Kompartimente eingeteilt werden. Was so eine Versteifung bringen soll, habe ich bereits in der Serie Leistungsdrang (13): Schottwände auf Lu-Glidz ausführlich beschrieben.

Erste Swing-Schirme mit RAST sind schon auf dem Markt. Der Mito (EN-A) und der Tandem Twin RS. Bei ihnen sollen die Schottwände vor allem das Startverhalten verbessern und die Dynamik von Klappern reduzieren.

Michael Nesler, Konstrukeur für Swing und Erfinder des RAST-Systems, experimentiert allerdings seit geraumer Zeit mit einer weiterentwickelten Variante der Schottwände in Prototypen für einen Hochleister.

Bei RAST 1.0 wie bei Mito und Twin RS sind die Schottwände nur recht uns links an den Profilen angenäht. Die Luft kann oben und unten weitgehend frei in beide Richtungen daran vorbei strömen. RAST 2.0 besitzt hingegen zusätzliche Stoffklappen an Ober- und Unterkante der Schottwände. Diese Klappen verhalten sich wie Rückschlagventile und können die Luft im hinteren Teil des Segel gefangen halten. Die Ventile schließen, wenn der Pilot schnell an den Bremsen zieht und durch die so erzeugte Druckwelle den Ventilstoff ans Ober- bzw. Untersegel drückt.

Durch die stärker geschlossene Schottwand bei RAST 2.0 wird der Gleitschirm durch die nicht mehr frei ausfließende Luft im hinteren Teil versteift. Seitenklapper sollen dadurch viel moderater ausfallen. Vor allem aber soll sich die Leistung und das Handling der Schirme in turbulenter Luft verbessern.

Weiche Stoffflügel ohne RAST werden durch Turbulenzen schnell verformt und gestaucht. Dadurch verändert sich ständig die Profilgüte, und die anliegende Strömung wird gestört. Die Leistung geht dann in den Keller. Bei RAST 2.0 mit Rückschlagventilen wird der aktive fliegende Pilot durch Bremsinputs die Ventile immer wieder schließen und damit den Innendruck des Schirmes hoch halten. Profilverformungen sind dann insgesamt deutlich reduziert (gepaart mit Stäbchen, die den Vorderflügel stützen). Die Schirme verlieren auch bei Turbulenzen weniger ihrer aerodynamischen Wirksamkeit, was sich sowohl auf die Gleitleistung als auch die Steuerbarkeit auswirkt. Mehr dazu berichtet Swing in seinem aktuellen Technologie-Newsletter zum RAST-System.

Der Bericht deuten allerdings auch an, wo Schwierigkeiten bei der Einführung von RAST 2.0 in den Markt liegen könnten. Zum einen wird mit diesem System die Klappersimulation gemäß den Vorgaben der EN-Norm erschwert. Große, flächentiefe Klapper bei solchen RAST-Schirmen zu erzeugen ist kaum möglich. Die neue Bauweise passt im Grunde nicht ins traditionelle Denkschema der EN. Wie solche Schirme künftig zugelassen werden können, ist noch eine offene Frage.

Eine zweite Hürde stellen die Piloten dar. Denn die werden sich an die neue Steuercharakteristik von Schirmen mit ventilbestückten Schottwänden gewöhnen müssen: den plötzlichen Steuerdruckanstieg, wenn die Ventile schließen; die deutlich härtere und direktere Kappe; ein anderes Abriss- und Fullstallverhalten, etc. Ob alle ein solches neues Gefühl - aus der Gewohnheit und der Erfahrung im Umgang mit herkömmlichen Gleitschirmen heraus - gutheißen und bereit sein werden, ihre Flugtechnik entsprechend weiter zu entwickeln?

Swing wird gut beraten sein, neue Schirme mit RAST 2.0 nur sehr behutsam und mit viel Aufklärungsarbeit im Markt einzuführen, um nicht schon im Frühstadium der vielversprechenden Technik einen Imageschaden durch negative Erfahrungsberichte von unvorbereiteten Piloten zu riskieren.